Logo              HOME   |   Das.Projekt   |   Support.Us   |   Projekt.Shop   |   Redaktion   |   Impressum
            News.Events  |  Editors.Choice  |  Streif.Züge  |  Kultur.Diplomatie
 
 
Kultur.Diplomatie




22.01.2007  RUMÄNIEN 07: COMFORTABLY NUMB / Ausstellungseröffnung in der Galerie ArtPoint / REVIEW & INTERVIEW



Kennen Sie die Kulturhauptstadt Europas?
Gewiss doch! Derzeit lacht sie von vielen Dutzend Plakatwänden und wirbt für Rumänien. Das malerische Sibiu / Hermannstadt in Siebenbürgen, eine Stadt, in der (man) Geschichte atmet, das architektonische Juwel, in dem sich Barock, Gotik, Rokoko artig aneinander reihen - eine Idylle.


SO haben Sie Sibiu aber bestimmt noch nicht gesehen, wie es in den Arbeiten der Künstler Sebastian Moldovan, Mircea Stanescu und Sorin Tara gezeigt wird, die derzeit in der Galerie ArtPoint zu sehen sind. Die drei Küstler haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Heimatstadt auf ungewöhnliche Weise zu portraitieren und dem „angenehmen Konservatismus“, der von der Stadt ausgeht, den Kampf anzusagen.

 

 

In Rumänien selbst machen sich die Künstler aufgrund ihrer unbequemen Herangehensweise an das Thema zwar nicht immer beliebt, dafür aber haben sie sich trotz des zum Teil jungen Alters bereits einen Namen gemacht, und so gab es denn auch großen Andrang bei der Eröffnung der Ausstellung in der Galerie ArtPoint. Der rumänische Botschafter, SE Andrei Corbea-HOISIE eröffnete die von Livia Dan kuratierte Ausstellung. Annemarie Türk von Kulturkontakt Austria berichtete von der intensiven Zusammenarbeit mit Livia Dan in den letzten Jahren, ehe die Kuratorin selbst die Künstler kurz vorstellte.

 

 

 

 

 

Mircea Stanescus Fotos wirken beruhigend auf den ersten Blick. Zum Teil sind es S/W-Fotos, die Hinterhöfe, einen Sportplatz, verlassene Straßen außerhalb der Stadt zeigen, vielfach durch ein Gitter fotografiert, als wäre der Betrachter in einem Gefängnis. Kaum Menschen sind zu sehen.
Schönheit ist vergänglich und Vergänglichkeit ist schön.
Eine Serie Farbfotos nimmt Türen unter die Lupe: schöne Türen, alte Türen, kunstvoll gefertigte, von der Zeit in Mitleidenschaft gezogene Türen.

 


Sorin Tara ist da ein wenig radikaler und auch witziger, was die Form seiner Werke betrifft. Er bearbeitet alte Karten, Akten und Stadtpläne von Sibiu aus dem Brukenthalmuseum. Vor einem historischen Schriftstück mit dem Schriftzug „Protokoll der Sitzungen der Handels- und Gewerbekammer in Hermannstadt 1852-1887“ zeigt er ebenso wenig Respekt wie vor dem Plan von Hermannstadt aus 1911. Die Schwerter aus dem Wappen von Sibiu sind bei ihm Hundeknochen. Die deutsche Vergangenheit der Stadt will kommentiert werden. Dass er aber ein gar nicht so respektloser Geselle, das beweisen vielleicht die schönen, alten Rahmen, die seine Werke umschließen.
Vor allem aber spielt er mit Symbolen. Die Linien des Peace-Zeichens verlängert er und zeigt, was sie sind: Panzerrohre. Das Dollar- und das Euro-Zeichen fehlen ebenso wenig wie Kreuz, Halbmond und Judenstern. Globalisierung, Terror, Krieg und Frieden sind seine Themen, und dass viele dieser Blätter etwas von Kinderzeichnungen haben, passt da wunderbar ins Konzept. 

 

 

Bei Sebastian Moldovan könnte man in Anlehnung an Reinhard Fendrich fragen: „Haben Sie Sibiu schon durch ein Teesieb gesehen? Haben Sie das schon erlebt?“
The happiest day of our life nennt sich seine Videoinstallation. Klingt wie ein Werbeslogan, ist nicht ganz so leicht verdaulich.
3 Monitore, auf denen in Endlosschleife eine Fahrt durch Sibiu läuft. Ein Teesieb versperrt der Kamera den Blick bzw. spiegelt sich die Stadt in einem Teeglas. Und so sind die Straßen, die Gebäude, die Stadt manchmal kaum mehr zu erkennen, die Sehenswürdigkeiten nicht zu sehen. Damit wird die Fremdenverkehrswerbung keine große Freude haben, obwohl: was könnte schon besser ein an zeitgenössischer Kunst interessiertes Publikum anlocken als Künstler, die sich der heimeligen Idylle
entziehen. (jog)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Ausstellung "Comfortably Numb....Drei Künstler aus Rumänien"

in der Galerie ArtPoint, 1; Universitätsstraße 5, 

ist bis zum 23. Februar, werktags von 14,00 - 18,00 Uhr zu sehen.

EINTREITT FREI!

Weitere Informationen: www.kulturkontakt.or.at

 

 

 

Die Kuratorin der Ausstellung, LIVIA DAN ist eine der profiliertesten Kunstkennerinnen Rumäniens. Sie leitet die Gemäldegalerie am renommierten Brukenthalmuseum in Sibiu und ist verantwortlich für die Ausstellungsprogramme des europäischen Kulturhauptstadtprogramms SIBIU 2007.

Mit ihr sprachen wir über die Situation von Kunst und Künstlern in Rumänien, ließen uns die spannendsten Momente von Sibiu 2007 vorstellen und holten einen Stimmungsbericht ein.

CCA: Wie ist die junge Kunstszene in Rumänien bzw. in Sibiu?


LIVIA DAN: Sehr lebendig ist die Kunstszene noch nicht und das ist traurig. Das liegt aber daran, dass Sibiu keine Kunsthochschule hat. Die Kunsthochschulen sind in Bukarest und Clausenburg und Sibiu ist zwischen diesen beiden Städten. Die Kunstszene war nicht sehr stark in Sibiu. Der Künstlerverein ist zwar groß, er hat viele Mitglieder, aber der steht auf einem sehr niedrigen Niveau. Sie arbeiten so wie in den 50-er und 60-er Jahren, mit Landschaften und Stilleben, wie vor dem Abstraktionismus.



CCA: Wo haben Sie dann diese drei Künstler „aufgetrieben“, die ja nun wirklich nicht auf diesem Niveau arbeiten?


LIVIA DAN: Es sind Künstler aus Sibiu. Viele Künstler kommen zwar von dort, leben aber nicht dort. Diese drei leben jetzt in Sibiu und ich habe sie gewählt, weil ich nur mit diesen drei arbeite. Das war ganz einfach für mich.

CCA: Wir haben uns das Programm von Sibiu 2007 angesehen, es gibt auch einiges im Bereich Bildende Kunst. Haben Sie für unsere Leser einen Tipp: Wann sollte man während des Kulturhauptststadtjahres vor allem nach Sibiu fahren, weil es besonders spannend ist?

LIVIA DAN: Ende Februar gibt es eine gute Ausstellung von Künstlern aus Rumänien, die jetzt in Zürich im Cabaret Voltaire ausstellen.  Es gibt das Projekt Sibiu-Luxembourg . Das ist ein Projekt wo Künstler aus Sibiu und aus Luxembourg und internationale Künstler zusammen arbeiten und die Ausstellung wird Ende Juli sein. Das ist für Gegenwartskunst eine gute Gelegenheit.
In der Gegenwartskunstgalerie des Brukenthalmuseums haben wir gedacht, wir sollten viele Künstler aus dem Ausland einladen. Wir haben Projekte mit Künstlern aus Österreich, mit dem Kunstraum NOE. Wir werden in Sibiu eine Ausstellung zeigen und ich werde hier bei ihnen eine Ausstellung machen. Eröffnung ist im Kunstraum am 24. Mai. Aber die Künstler leben in Bukarest.


CCA: Gibt es auch Projekte, die sich mit Kunst im öffentlichen Raum befassen?

LIVIA DAN: Wir haben ein großes Projekt gemacht mit dem Bauhaus Dessau und dann sind drei Projekt e mit Künstlern aus Rumänien. Zum Beispiel mit einem Künstler, der Kunst auf der Straße macht, dann gibt es ein Projekt mit einem Bildhauer, dann noch ein soziales Projekt mit einem Kunstraum in Iasi.

 



CCA: Wie ist aktuell die Stimmung in Sibiu? Kann man schon eine erste Bilanz ziehen?


LIVIA DAN: Der Bürgermeister hat wahnsinnig gut die Restaurierung der Stadt in Schwung gebracht. Aber die Eröffnungsnacht war nicht besonders, die Stimmung war nicht sehr gut.
Auch der EU-Beitritt war nicht besonders euphorisch.
Aber der deutsche Außenminister war zu Besuch und er war ganz begeistert, was für ein gutes Museum wir haben, weil wir auch Gegenwartskunst zeigen. Ebenso war Olli Rehn, der Erweiterungskommissar, begeistert.

 



CCA: Danke für das Gespräch.






 

Zur Übersicht