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04.09.2014  Quintessenzen Kroatien - Im Gespräch mit Ranko Vlatkovic, Direktor der Kroatischen Zentrale für Tourismus



Nostalgie im einstigen k.u.k.-Seebad Opatija, dem ersten Heilkurort an der "Österreichischen Riviera", und Elektro-Festivals am Strand... KDMagazin traf Ranko Vlatkovic, den Direktor der Kroatischen Zentrale für Tourismus und ehemaligen Bürgermeister von Opatija, zum Gepräch über den Tourismus in Kroatien damals und heute.

 

 

Das kroatische Opatija war der erste Kurort der „österreichischen Riviera“ und ein mondäner Treffpunkt der High Society der österreichisch-ungarischen Monarchie sowie weltbekannter Künstler. Auch die Habsburger fuhren zur Sommerfrische in das noble Seebad. Der Beginn des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren markierte das Ende dieser goldenen Zeit. Herr Direktor, Sie waren von 2001 bis 2005 Bürgermeister von Opatija: Was ist heute von der glanzvollen Vergangenheit der Stadt zu spüren?

 

Opatija steht unter Kulturdenkmalschutz und hat viel Nostalgie zu bieten. Zahlreiche Grandhotels und Villen, die noch aus der Habsburgerzeit stammen, erinnern an eine untergegangene Welt. Ganz besonders spürt man diese Atmosphäre noch heute im Kristallsaal mit den österreichischen Lustern des 1884 erbauten Hotel Kvarner, dem ersten Hotel an der kroatischen Adriaküste überhaupt. Oder im Hotel Miramar mit dem atemberaubenden Ausblick über die Kvarner Bucht und in der von einem 3.64 ha großen Park umgebenen Villa Angiolina. Letztere ist sozusagen der Ausgangspunkt des Tourimus in Opatija: 1884 von einem Geschäftsmann aus Rijeka erbaut, wurde sie 1882 von der privaten Wiener k. u. k. -Gesellschaft der Südbahn erworben und als Unterkunft für illustre Gäste genutzt. Ein Jahr später erschien bereits der erste Reiseführer zu Abazzia, wie Opatija genannt wurde.

 

Die „Perle der österreichischen Riviera“ avancierte zu einem Treffpukt von Herrscherfamilien, Politikern und Künstlern: Kaiser Franz Joseph I traf hier auf den deutschen Kaiser Wilhelm II, Gustav Mahler arbeitete in Opatija an seiner IV. Symphonie, James Joyce,Anton Tschechow und Vladimir Nabokow verbrachten hier ihre Ferien. Vom Fenster einer der Villen an der 12 km langen Uferpromenade Lungomare aus beobachtete Isadora Duncan, die Wegbereiterin des modernen Tanzes, jene Bewegungen der Palmen, die sie zu ihrem berühmten Händeschwingen inspirierten.

 

Am Vorabend des 1. Weltkriegs hatte Opatija ein Dutzend Hotels, 44 Pensionen, 83 Villen und 5 Badeanstalten. Ein Großteil dieser unter dem Kaiser erbauten Architektur wurde erhalten und renoviert. Selbst während des Kroatienkrieges in den 1990ern, als sich über 7000 Flüchtlinge in der Stadt befanden, wurde nichts an den historischen Gebäuden verändert. Da für neue Bauten strenge Auflagen gelten, blieb Opatija von Bausünden, wie man sie aus anderen europäischen Küstenorten kennt, weitestgehend verschont - lediglich das Hotel Ambassador wäre hier als Ausnahme zu nennen. Einige der geschichtsträchtigen Hotels werden heute von Österreichischen Unternehmen betrieben, das Bristol und das Astoria beispielsweise von Vienna International. Kroatien steht bei Österreichischen Investitionen an erster Stelle: Bisher wurden mehr als 7,5 Milliarden Euro investiert, auch durch die Gründung von etwa 900 Firmen. 1/3 aller Investitionen Österreichs sind in Kroatien.

 

Foto(o.): croatia kvarner opatija vila madonna. Credit: Petar Trinajsti

Foto (u.): villa angiolina photo. Credit: Walter Stojsic

 

Das Wienmuseum zeigte zwischen November 2013 und März 2014 die Ausstellung „Österreichische Riviera - Wien entdeckt das Meer“. Neben Triest und Grado hat Opatija dort eine wichtige Rolle gespielt. Der Ort ist den Wienern durch die historische und geographische Nähe sehr vertraut..

 

Die Wiener Gesellschaft entdeckte Opatija mit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke nach Mattuglie/Matulj 1873. Oft verschrieb der Arzt eine Reise zur Kur an die „österreichische Riviera“: Opatija ist für sein außergewöhnlich mildes Klima berühmt. Die Habsburger fuhren mit dem Majestic Train, einer Art Palast auf Schienen, zur Sommerfrische. In Lovran nahe Opatija gab es für sie sogar einen separaten königlichen Wartesaal. Heute können Interessierte mit dem Nachbau dieses legendären Zuges – die Waggons wurden bis auf einen, der sich jetzt in einem Museum in Prag befindet, während der beiden Weltkriege zerstört – die gleiche Reise unternehmen. Der Nostalgiezug fährt wieder nach Opatija: Von Wien aus geht es über die Semmeringbahn, auf einer der ältesten Gebirgsstrecken der Welt, die seit 1998 zum UNESCO Weltkulturerbe gehört, weiter über Graz und Laibach bis „Abbazia-Mattuglie“, heute Matulji.

 

Mit Ende des 1. Weltkrieges und dem Zerfall der k. u. k. Monarchie wurde Opatija Italien zugeschlagen, als Folge des 2.Weltkrieges wurde es dann ein Teil Jugoslawiens. Der Tourismus kam aber nie zum Stillstand. Heute ist der Ort gerade bei Österreichern wieder sehr beliebt und man kann die wieder nach einem Habsburger benannte Kaiser-Franz-Josef-Promenade entlangflanieren. Opatija wird dabei nicht nur im Sommer stark frequentiert, sondern gerade auch in der Nachsaison. Die Preise für Wohneigentum sind mittlerweile ziemlich hoch. Es ist aber nicht so schlimm wie in Dubrovnik, wo 1 qm in der Innenstadt bis zu 12.000 Euro kostet und das Zentrum quasi unbewohnt ist. Aber das sind Fragen der Politik.

  

Foto: Pamela Bartar (KDM) und Direktor Ranko Vlatkovic im Gespräch Credit: ConnectingCulture.at

 

Für viele Besucher überraschend ist, dass Kroatien im Verhältnis zu seiner Größe

mehr Kulturerbelokalitäten unter UNESCO-Schutz hat als beispielsweise Frankreich oder Deutschland. Welche Orte sind für Kulturtouristen besonders interessant?

 

In Kroatien stehen sieben Lokalitäten unter UNESCO-Denkmalschutz. Ein Beispiel ist die Euphrasius-Basilika in Poreč, die aus einer frühchristlichen Epoche stammt und mit ihrer frübyzantinischen Kunst des 6. Jahrhunderts beeindruckt. Oder die Kathedrale St. Jakob/sv Jakov in Šibenik: Sie wurde in mehr als 100 Jahren errichtet, von 1431 – 1535, und ist ein herausragendes Beispiel der Verbindung von Gotik- und Renaissancebaustil. Der Nationalpark Plitvicer Seen steht ebenfalls auf der Liste der UNESCO.

In Dalmatien befinden sich gleich vier der sechs bedeutensten Stätten Kroatiens, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen: da ist einmal der Diokletian-Palast in Split, den der römische Kaiser Ende des 3. Jahrhunderts an der geschützten und ruhigen Bucht am Fuße des Berges Marjan errichten ließ. Dann das Starigradsko Polje auf Hvar, die aus hellenistischer Zeit stammende Parzellierung der Grundstücke.

Außerdem sind da noch die historische Stadt Trogir, deren Aussehen sich seit dem Mittelalter fast nicht verändert hat und natürlich die Altstadt von Dubrovnik, die „Perle der Adria“, mit ihren gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauern und der einmaligen Lage auf einem Felsen über dem Meer. Diese Orte sind bei Amerikanern und Koreanern sehr beliebte Ziele von Städtereisen.

Aber auch die Österreicher fahren gerne und oft nach Kroatien: Sie sind sozusagen „Stammgäste“. Das heißt, mehr als 60 % von ihnen kommen wieder. Viele verbringen die Ferien mit ihren Kindern, die dann oft als Erwachsene mit ihren eigenen Familien wiederkommen.

       

 

Fotos (v.l.n.r.): Dubrovnik. Credit: Damir Fabijanić / Euphrasius-Basilika Porec. Credit: Renco Kosinožić / Trogir. Credit: Damir Fabijanić; alle Fotos bezogen über Kroatische Zentrale für Tourismus

 

Daneben nimmt Kroatien mit seinen sieben auf der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragenen Kulturphänomenen in Europa den ersten Platz ein. Beispiele sind die Hvarer Kreuzprozession und das Fest des Hl. Blasius in Dubrovnik. Einer der Gründe für diesen Reichtum an materiellem und immateriellem Kulturerbe ist die außergewöhnliche Lage Kroatiens an wichtigen Verkehrswegen und an der Grenzlinie großer Zivilisationen, von denen jede ihre Spuren hinterlassen hat. Man solllte aber auch nicht die Natur vergessen: Kroatien hat 6000 km Küste, die anders als in vielen anderen Mittelmeer-Ländern nicht verbaut wurde.

 

Der Kulturtourismus hat für Kroatien also eine herausragende Bedeutung und wird mit einem hohen Qualitätsanspruch verbunden. Welche weiteren Schwerpunkte gibt es in Hinblick auf die Entwicklung des Tourismus?

 

Im Tourismus wollen wir uns auf sechs Bereiche fokussieren: Kultur, Wellness, Gesundheitstourismus, Aktivtourismus, Städtereisen und Gastro/Eno. Wir wollen außerdem auch das Inland Kroatiens mit seinen Schlössern, Burgen und Weinwegen touristisch erschließen. 22 neue Projekte sind geplant. In Kürze werden wir die entsprechenden Vorhaben präsentieren. Ob sie jeden Tag Kreuzfahrtschiffe mit 10.000 Besuchern haben wollen, ist eine Frage der Politik. Wir setzen im Tourismus lieber auf Qualität. Ein wichtiger Punkt ist, dass Kroatien nicht nur in der Hauptsaison interessant ist. Die Nachsaison bietet sich sehr gut für Kulturreisen an, beispielsweise mit einem Anbieter wie EliteTours-Reisen.

Städtreisen nach Zagreb oder Varadžin kann ich ebenfalls empfehlen:

 

Varaždin ist eine Barockstadt in Mittelkroatien, in der das typische mitteleuropäische, zum größten Teil aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammende Baukunsterbe erhalten geblieben ist. Besonders interessant ist ein Besuch des dortigen „Špancirfestes“, einem typischen mitteleuropäischen Festival der Straßenflaneure, zu dem sich jedes Jahr im August etwa 200.000 Besucher und mehrere tausend Ausführende und Aussteller aus zwanzig Ländern in der Stadt einfinden. Markenzeichen des Festes sind Uniformen aus vergangenen Zeiten und kostümierte Veranstaltungen. Altes Handwerk wird wiederbelebt, man kann verschiedene traditionelle Produkte kaufen und regionale Spezialitäten kosten.

 

In Zagreb kann man eines der etwa 30 Museen und noch mehr Galerien besuchen. Zagreb hat sich für eine Hauptstadt einen überschaubaren Charakter erhalten und man kann alles gut zu Fuß erreichen. Da die Stadt trotz ihrer Bedeutung bis zum 20. Jahrhundert relativ klein war, befinden sich fast alle Hauptsehenswürdigkeiten in ihrem engeren Zentrum, in der Unterstadt Donji Grad, dem heutigen Stadtzentrum, und in der Oberstadt Gornji Grad, dem alten Stadtkern. Im Gegensatz zur quirligen Unterstadt strahlt die hauptsächlich mittelalterliche Oberstadt mit ihren engen Straßen und Stadttoren Ruhe und Gelassenheit aus. Hier findet den ganzen Sommer über ein wunderbares Festival statt, der „Sommer auf dem Stross“: Besucher können täglich kostenfrei Ethno-, Jazz, Soul- und Rockkonzerte hören. Ein anderes Festival, das InMusic auf der „Insel der Jugend“ im Zagreber Jarun-See, wurde von CNN sogar schon zweimal unter die 50 besten Festivals weltweit gewählt. Es zieht im Juni Rock- und Indiefans aus der ganzen Welt an.

 

Foto: Pamela Bartar (KDM) und Direktor Ranko Vlatkovic in der Kroatischen Zentrale für Tourismus in Wien. Credit: ConnectingCulture.at

 

Seit drei bis vier Jahren gibt es einen wahren Boom an Festivals für elektronische Musik in Kroatien. Ist Kroatien Europas bestes Festivalziel, wie der Guardian kürzlich in einem Artikel fragte?

 

Wer sich für elektronische Musik interessiert, findet in Kroatien Festivals jeder Größenordnung. Das Besondere an ihnen ist, dass sie sich oft direkt am Strand befinden oder, wie das Garden Festival in der Nähe von Zadar, sogar in einem Amphitheater. Man geht auf Festivals und kann gleichzeitig im Meer schwimmen oder auf einer Bootsparty feiern.

In Kroatien möchten wir auch der jungen Generation etwas bieten. Ein Beispiel ist Zrce, ein Strand in der Nähe der Stadt Novalja auf der Insel Pag: Ein neues, kleines Ibiza mit drei bekannten Diskos direkt am Strand und einem eigenem Festival für elektronische Musik, dem Hideout. Etwa 20.000 junge Leute treffen sich hier jedes Jahr zum Feiern.Viele von ihnen fuhren früher nach Ialien, in die Türkei oder nach Tunesien. Jetzt kommen sie nach Kroatien. Das größte Festival für elektronische Musik in Kroatien, das Ultra Music Festival, zog vom 11.-13. Juli diesen Jahres in Split mehr als 80.000 Besucher an. Neben diesen großen Veranstaltungen gibt es aber noch unzählige kleinere und experimentellere Festivals wie beispielsweise das Unknown in Rovinj, das im September nach Istrien lockt.

 

Die Veranstalter kamen bislang vor allem aus England, Italien und Kroatien selbst. Seit 2013 bereichert nun auch ein kleines, feines Festival österreichischer Provenienz das Programm. Was hat es mit dem Lighthouse Festival auf sich?

 

Das Lighthouse Festival wird vom Wiener Club Pratersauna in Kooperation mit DocLX auf einer Halbinsel in Poreč, einer Küstenstadt an der Westküste von Istrien, veranstaltet. Nachdem im ersten Jahr gut 1000 Besucher dem Motto „Electronic Music On Vacation“ nach Kroatien gefolgt sind, fand das Festival im Mai 2014 zum zweiten Mal statt. Im Gegensatz zu den anderen Festivals, die wir in Kroatien haben, orientiert sich das Programm stärker an Labels, die man im deutschsprachigen Raum kennt. Partnerclubs sind das Hive in Zürich und das Harry Klein in München, wobei 2014 weitere Kooperationen mit Italien, Serbien und Nord-Deutschland hinzukamen. Das Festival ist überschaubar. Es ist ein Nischenfestival für progressive, elektronische Musik.

 

Foto: Lighthouse Festival 2014. Credit: Max Spilcke-Liss / bezogen über www.warda.at


  

 

 

  

 

 

 

 

 





 

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