An die Tradition der literarischen und politischen Salons der vorigen Jahrhunderte anschließend, fanden sich auch am 25. Oktober 2006 in einem intimen Rahmen Vertreter aus Kunst, Politik und Kultur mit dem interessierten Publikum zu einem Gespräch über die Bedeutung und Herausforderung, die Kunst und Kultur für Europa bedeuten, ein. Das MOYA (= Museum of Young Art Europe) bot aufgrund seines ausdrücklich auf Europa konzentrierten Progammes die ideale Plattform dafür.
Botschafter Dr. Emil Brix strich in seiner Rede zu Beginn vor allem die Schwierigkeiten einer politischen Kulturarbeit heraus, denn obwohl die Verbindung von Europa und Kunst eine offensichtliche ist, gibt es nur wenig Initiative, diese zu forcieren.
Mag. P. Bartar, Mas Bot. Dr. E. Brix Zahra Shahabi Dr. K. Kramer Mag. M. Oberreiter
Gemäß den Ausführungen von Bot. Dr. Brix haben sich die Zeiten deutlich geändert: heutzutage sind es leider vor allem die wirtschaftlichen Kooperationen, die die wichtigste Verbindung der europäischne Länder untereinander darstellen. Während vor 1989 der Kommunismus noch als klarer gemeinsamer Feind, und damit als Abgrenzung für die europäische Identität galt, hat man heute im Kontext der EU Angst, das eigene Land zu „töten“, wenn man über die gemeinsame europäische kulturelle Identität spricht.
Dabei gehört auch zum Grundgedanken der Europäischen Union mehr als eine rein monetäre Teilung und Zusammenarbeit – eine gemeinsame europäische Identität wird damit nämlich noch lange nicht gestiftet oder definiert.
Die Frage nach der Verantwortung der einzelnen europäischen Länder in der Kulturarbeit versucht Dr. Emil Brix zu erklären, indem er einige Schwierigkeiten in dem Zusammenhang nennt:
1. Die Frage danach, was Kulturpolitik und -arbeit überhaupt heißt, ist alles andere als geklärt. Je nach Schwerpunkt der Länder bedeutet das einmal Künstlerforderung, Suche und Werbung von Wirtschaftsinvestoren für das eigene Land oder „image policy“.
2. Die Frage danach, was Europa eigentlich ist, ist ebenso wenig geklärt. Es ist sinnlos, die EU allein zu meinen, wenn man von Europa spricht.
3. Jedes Land promotet und unterstützt nationale Kunst und Künstler, wo es doch mehr um die Förderung gemeinsamer europäischer Ideen und Identität gehen sollte.
4. Meist wird die Kunst der Mehrheit präsentiert und unterstützt, obwohl es in jedem Land Minderheitengruppen gibt, deren Kunstproduktion durchaus sehr interessant und spannend ist.
5. Die meisten Kulturverantwortlichen der europäischen Länder werfen ein Auge auf den Fernen Osten, der ihnen als neuer, vielversprechender Markt erscheint, ohne darauf zu achten, dass die eigenen europäischen Nachbarn den Fokus ihrer Arbeit verdienen.
Prof. Hofecker, Rosemarie Merten
Die wichtigste Forderung von Botschafter Brix lautete, endlich nicht mehr über Nationengrenzen oder Pässe von Künstlern zu sprechen, wenn man europäische Kunst fördern will. Kultur muss vor allem im politischen Kontext viel wichtiger genommen werden.
Interessant war der Beitrag der jungen Künstlerin Zahra Shahabi, die ursprünglich aus dem Iran stammt, aber in verschiedenen Teilen der Welt aufwuchs und jetzt seit einigen Jahren schon in Wien ihre Heimat gefunden hat. Sie sprach von der Ehre und Herausforderung, bei der Europa-Ausstellung des MOYA als österreichische Repräsentantin ausgewählt worden zu sein. In diesem Zusammenhang kommen auch Zweifel an jeder scheinbar eindeutigen Antwort auf Fragen wie: was ist das (typisch) "Österreichische"/"Wienerische" etc. wirklich?
Mag. Marianne Oberreiter, die Chefredakteurin des Magazins Global View, kritisierte die Kulturberichterstattung der Medien, die sich deutlich auf „big events“ und namhafte Veranstaltungen konzentriert. Sie sieht als ihre Aufgabe auch, vor allem junge Menschen für Kunst zu begeistern.
Auch Prof. Franz-Otto Hofecker (IKM) und Frau Rosemarie Merten von der Deutschen Botschaft brachten sich aus dem Publikum lebhaft in die Diskussion ein.
Der Grundtenor des Salons war, dass die Bedeutung von Kunst und Kultur im nationalen, vor allem auch im Kontext von Europa, nicht groß genug eingeschätzt werden kann. Dementsprechend wichtig wäre es auch, mehr Anstrengung in die Stiftung und Promotion einer europäischen kulturellen Identität zu stecken. (gz)
Fotos: (ygl)