Interview mit dem slowakischen Regisseur Jozef Vlk zum Stück „Soliloguy & Monologue“
Slowakisches Kulturinstitut: Warum haben Sie sich gerade für die Inszenierung des letzten Kapitels aus James Joyce’ Roman „Ulysses“ entschieden? Was von James Joyce spricht Sie an?
Josef Vlk: Die Literatur ist für uns höchst wichtig. James Joyce ist genauso berühmt wie Homers Epos Ulysses, das uns durch den Raum und das Leben führt, durch das Verlassen und dann die Wiederfindung der Sicherheiten. Das letzte Kapitel aus James Joyces Roman Ulysses präsentiert einen Schlussmonolog ohne Interruption /soliloquy/ der Hauptfigur Molly Bloom in dem Zustand vor dem Einschlafen. Jeder von uns kennt das: wir schlafen ein, wir vertiefen uns in den Schlaf – ermüdet von der Reise des Tages und es ist nicht klar, wohin wir im Traum geraten werden und meistens erinnern wir uns gar nicht daran. Wir erleben tagtäglich die ehrliche Beichte vor uns selbst – der Traum macht uns zu Helden und wir überwinden unsere eigene, immer unterschiedliche Reise. In der Vorlage von Joyce spricht Molly nicht, aber ihr Monolog ist aufrichtig, durchdringend und ephemerisch. Gerade deswegen haben wir uns entscheiden, diesen Abschnitt in ähnlicher Weise – durch Choreografie – zu erzählen. Die Choreografie der Wörter ohne Interruption, der Strom des Unterbewusstseins ohne Korrektion des Bewusstseins. Anthony Burgess hat diesen Roman „inimitable, and also possibly mad“ genannt. Die Annäherung an seine Struktur kann man auch als eine mutige Sache bezeichnen.
Worauf können sich die Besucher der Tanz und Theaterveranstaltung soliquy & monologue am meisten freuen?
Sie können sich auf die Verbindung der Körpersprache mit einem fiktiven Monolog von Leopold, Mollys Ehemann, der das Negativ von Mollys Monolog darstellt, freuen. Leopold spricht durch seinen Monolog, Molly spricht in der Rolle von soliloquy, was in der Joyce-Sprache „self-talk“ oder ein Selbstgespräch bedeutet. Molly spricht mit den Argumenten des Körpers – und in der Verbindung mit dem fiktiven Monolog von Leopold entsteht dadurch eine klinische Analyse des Bewusstseins und des Unterbewusstseins.
Sie haben verschiedene internationale Kooperationen hinter sich. An welche erinnern Sie sich am liebsten?
Nach vielen Jahren im Theater- und Musikbereich kann ich diese Frage eindeutig beantworten: Am liebsten erinnere mich an die Zusammenarbeit mit dem französischen Theaterkünstler Jean-Michel Bruyére aus Marseille und mit dem Projekt „Poémes á L´Infect/Ode to filth“ in Dakar (Senegal). Afrika ist immer eine große Herausforderung. Im Zusammenhang mit diesem Projekt fällt mir ein afrikanisches Sprichwort ein: „Rather than telling someone who is hungry – to wash their hands – it´s better to tell them – come, let´s eat“. Ich glaube, dass dies gerade heute sehr akut ist. Genauso wie auch meine Erinnerung und meine Einstellung dazu, was um mich herum momentan passiert.
Was plant Ihre Theatergruppe Debris Company in der Zukunft?
Wir planen und arbeiten sehr fleißig. Unsere Arbeit wird sicher in unserem nächsten Projekt „Die Entführung Europas“ widerspiegelt.
„Soliloguy & Monologue“ von Debris Company läuft am 5. November um 19 Uhr im Italienischen Kulturinstitut Wien.
Redaktion: Slowakisches Kulturinstitut