Barbara Schedler Fischer ist Schweizer Diplomatin und für die Kulturabteilung der Schweizer Botschaft zuständig. Seit mittlerweile drei Jahren lebt und arbeitet sie in Wien. Zuvor war sie in Bern und im Libanon im Einsatz.
CCA: Bitte beschreiben Sie ihren beruflichen Weg mit seinen wesentlichsten Stationen.
Barbara Schedler Fischer: Die Situation ist bei uns etwas anders als bei anderen Ländern. Wir haben kein eigenes Kulturinstitut und können kulturelle Projekte daher nur im Rahmen der Botschaftstätigkeit verfolgen. Dementsprechend gehöre ich dem Aussenministerium an, nicht dem Kulturministerium. Ich habe Anglistik, Geschichte und Publizistik studiert und anschließend die Aufnahmeprüfung für den diplomatischen Dienst gemacht. Seit mittlerweile sechs Jahren bin ich im diplomatischen Dienst tätig, zuerst in Bern, dann im Libanon und jetzt eben in Wien.
CCA: Wie lässt sich der kulturelle Auftrag der Schweizer Botschaft beschreiben? Welches Angebot stellt sie Interessenten zur Verfügung?
Barbara Schedler Fischer: Wir haben mit Österreich sehr viele Gemeinsamkeiten, unter anderem die deutsche Sprache. Daher gibt es einen sehr regen kulturellen Austausch, der weitgehend selbständig funktioniert. Wir versuchen also einerseits den
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Überblick zu behalten, was an künstlerischen Kooperationen zwischen Schweizer und Österreichischen Künstlern stattfindet, und publizieren für Interessierte jeden Monaten ein Kulturprogramm. Aber wir beraten auch und ermöglichen Projekte, die sonst nicht zustanden kommen würden. Das heißt z.B. dass wir den KünstlerInnen zeigen, mit wem man kooperieren kann, wo man um Förderungen ansuchen kann usw. Regelmässig veranstalten wir auch eigene Projekte im Kulturbereich. Das können durchaus auch Grossprojekte sein wie z.B.
Junge Schweiz in den letzten Monaten.
CCA: Können Sie uns mehr über die Junge Schweiz erzählen?
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Barbara Schedler Fischer: Das ist (mittlerweile war) ein Projekt, das wir eigenständig entwickelt haben. Wir wollten etwas im Bereich Jugendkultur machen und nicht immer nur das etablierte Kulturpublikum ansprechen, das wir sowieso erreichen. Außerdem wollten wir das Projekt mit Bildung verknüpfen, denn vielen Jugendlichen in Österreich ist die Schweiz kein Begriff. Das ist auch kaum verwunderlich, da sich die Jugendlichen eher an England und den USA orientieren. Außerdem wollten wir auch das Image der Schweiz etwas entstauben.
Junge Schweiz besteht aus einer Ausstellung über die Schweizer Comicszene in Verbindung mit Jugendtheater. In insgesamt vier Städten war das Projekt zu sehen – Wien, Graz, Villach und Linz – und an jedem Ort hat sich das anders entwickelt, je nachdem wie die jeweilige Stadt reagiert hat. Dies entspricht meinem Zugang zur Kulturvermittlung: Wir kommen nicht und sagen, schaut her, das ist Schweizer Kultur. Wir suchen immer
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österreichische Partner und fragen, ob sie Interesse an einer Kooperation haben. Falls Interesse besteht, veranstalten wir dann etwas gemeinsam.
CCA: Sie gehen also in ihrem Kulturprogramm über Wien hinaus?
Barbara Schedler Fischer: Unbedingt. Wir sind die Schweizer Botschaft für ganz Österreich. Ich finde es deshalb sehr wichtig, dass man neben Wien auch in die anderen Städte geht und auch aufs Land. Unsere Erfahrungen sind diesbezüglich eigentlich sehr positiv. Denn Wien ist so überflutet mit Kultur, dass man sich unglaublich – auch finanziell gesehen – bewegen muss, um überhaupt aufzufallen. Und außerhalb von Wien stößt man oft auf sehr großes Interesse und die Möglichkeit, viel mehr zu realisieren. In Graz haben wir beispielsweise schon sehr viel gemacht. Linz wird im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt 2009 ein „Schweiz-Fenster“ bekommen. In Salzburg sind wir gerade am Planen, da es ja die Partnerstadt von Bern für die Europameisterschaft 2008 ist. Es gibt auch einen beginnenden Kulturaustausch zwischen dem Land Niederösterreich und dem Kanton Aargau. Innerhalb von Niederösterreich pflegen wir gute Beziehungen mit den Institutionen der Kunstmeile Krems.
CCA: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen Kulturinstituten und Kulturabteilungen in Wien?
Barbara Schedler Fischer: Das kommt immer wieder vor, ist aber natürlich situationsabhängig. Unsere Nachbarländer sind sicher unsere Hauptpartner. Besonders die Frankophonie ist einer unserer Schwerpunkte. Mit diesen Partnern führen wir einmal im Jahr das Festival du film francophone durch. Das hat auch diesmal im März sehr gut funktioniert. Vor kurzer Zeit veranstalteten wir gemeinsam mit dem Italienischen Kulturinstitut ein Konzert. Und mit Polen hatten wir auch schon ein Filmprojekt. Außerdem nehmen wir auch aktiv am Verein der europäischen Kulturinstitute teil. Die Zusammenarbeit innerhalb des Vereins ist sehr fruchtbar, und man entdeckt viele Gemeinsamkeiten.
CCA: Was kann man sich demnächst an Schweizer Kultur in Österreich erwarten?
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Barbara Schedler Fischer: Da gibt es ein paar interessante Dinge, die auf uns zukommen. An erster Stelle die Fussball-Europameisterschaft 2008. Die Zusammenarbeit, auch im Kulturbereich, intensiviert sich derzeit täglich. Wir als Botschaft haben zwar nicht ein eigenes kulturelles Begleitprogramm zur Europameisterschaft, aber wir unterstützen Projekte sehr aktiv und vernetzen die entsprechenden Partner. Im Rahmen eines Schwerpunktprogramms mit der Organisation Präsenz Schweiz führen wir zusätzlich diverse eigene Projekte durch, darunter auch zwei Kulturprojekte: Das eine ist das Modeprojekt 11 Meter Mode, das in Österreich und in der Schweiz stattfinden wird. Das zweite ist die Beteiligung an der Vienna Design Week. Dort wird die Schweiz dieses Jahr Gastland sein.
CCA: Es gibt also keine Berührungsängste zwischen Sport und Kultur?
Barbara Schedler Fischer: Nein, die gibt es eigentlich gar nicht. Ich sehe mich in dieser Ansicht bestätigt, da sich auch viele Künstler für Fußball interessieren. Eine Menge Künstler haben sehr kreative Projekte eingereicht, die viel mit Fußball zu tun haben. Das beweist, dass man Kultur und Sport eigentlich sehr gut verbinden kann. Aber man muss aufpassen, dass man nicht denkt, man kann alle Fußballfans während der EM auch in die Oper oder in Ausstellungen locken. Wenn Fußball gespielt wird, wird Fußball gespielt. Da bin ich dann auch im Stadion und nicht in der Oper. Fussballfans werden nicht plötzlich alle zu Kulturfreaks. Deshalb wollen wir versuchen, die Kultur leicht zugänglich zu gestalten. Österreich plant z.B. sogenannte Kunstzonen. Das sind Plätze in den Host Cities, wo man Kunst und Kultur genießen kann. Ich finde, dass ist eine gute Idee und denke, es wird funktionieren.
CCA: Welchen Bereich würden Sie im Rahmen der Schweizer Auslandskultur gerne verstärkt fördern?
Barbara Schedler Fischer: Vorab muss ich erwähnen, dass wir kein eigenes Kulturbudget haben. Das ist gleichzeitig ein Fluch und ein Segen. Denn man muss alles, was man unternehmen möchte, von Profis im Kulturbereich absegnen lassen. Inhaltlich ist dies natürlich sehr glaubwürdig, gleichzeitig aber kompliziert, da man weniger schnell reagieren kann. Ich denke, ich würde daher Initiativen gerne mit kleinen Beträgen selbständig fördern können. Das heißt, ich würde nicht noch mehr Großprojekte veranstalten, sondern versuchen, den kulturellen Austausch, der oft im Kleinen stattfindet, spontan und schnell mit kleinen Beiträgen zu fördern.
CCA: Vielen Dank für das Gespräch.
Interviewer: (kav) (ruw)
Fotos: (kav)
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