CCA: 2008 wurde von der Europäischen Kommission zum Jahr des interkulturellen Dialogs erklärt. Ist diese Formel auch im Land Niederösterreich im Jahr 2008 ein Thema?
Dr. Petra Bohuslav: Für uns ist der interkulturelle Dialog nicht nur dieses Jahr ein Thema. Bereits in der Vergangenheit war uns der interregionale Gedankenaustausch ein besonderes Anliegen und hat die Beziehung Niederösterreichs zu unseren Nachbarstaaten entscheidend geprägt. Durch den Wegfall des Eisernen Vorhanges ist die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern noch intensiver geworden und drückt sich jedes Jahr in unseren Kooperationen und gemeinsamen Ausstellungsprojekten aus. Mit Beginn 2008 tritt beispielsweise ein Arbeitsübereinkommen mit den tschechischen Regionen Südmähren, Südböhmen und Vysocina in Kraft, das die kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit im Bereich Jugend und Bildung zum Ziel hat. Auch mit den anderen Staaten in und außerhalb Europas pflegen wir seit vielen Jahren den interkulturellen Kontakt. Die Atelierwohnungen in Krems öffnen im Rahmen des Artist of Residence-Programms unsere Grenzen für internationale Künstler. Hier arbeiten wir über alle Grenzen hinweg mit anderen Kulturinstituten zusammen.
CCA: Aus ihrer Praxis gesprochen: Können Kultur und die Künste den interkulturellen Dialogüberhaupt bewegen?
Dr. Petra Bohuslav: Auf jeden Fall. Ich sehe das so wie im Sport: Menschen unterschiedlichster Glaubensrichtungen und politischer Orientierungen treffen zusammen, können sich aber auf der Kunst- und Kulturebene miteinander verständigen und unterhalten. Sie finden ein anderes Verständnis und einen anderen Zugang zueinander. Man entdeckt andere sehr spannende Segmente, weckt Interesse und ist auf einer Gesprächsebene, die den interkulturellen Austausch und die Begegnung der unterschiedlichsten Kulturen fördert. Hier erfüllt die Kultur eine ganz wesentliche Brückenfunktion.
Dr. Petra Bohuslav: Auf jeden Fall. Ich sehe das so wie im Sport: Menschen unterschiedlichster Glaubensrichtungen und politischer Orientierungen treffen zusammen, können sich aber auf der Kunst- und Kulturebene miteinander verständigen und unterhalten. Sie finden ein anderes Verständnis und einen anderen Zugang zueinander. Man entdeckt andere sehr spannende Segmente, weckt Interesse und ist auf einer Gesprächsebene, die den interkulturellen Austausch und die Begegnung der unterschiedlichsten Kulturen fördert. Hier erfüllt die Kultur eine ganz wesentliche Brückenfunktion.
CCA: Niederösterreich förderte in den letzten Jahren im verstärkten Maß Projekte der
grenzüberschreitenden Kulturarbeit mit seinen Nachbarn – welche Erfahrungen konnten gesammelt werden?
Dr. Petra Bohuslav: Niederösterreich hat seit Beginn der 80iger Jahre seine interregionalen und internationalen Beziehungen nachhaltig ausgebaut. Ergebnisse sind unter anderem die Arbeitsgemeinschaft der Donauländer oder das Haus der Regionen in Krems, wo Besucher Volkskulturensembles aus verschiedenen Regionen in ihren vielfältigen Ausdrucksformen kennenlernen. Hier erhält man einen Einblick in die Traditionen und Vielfalt Europas. Darüber hinaus gibt es finanzielle Mittel aus der EU Förderung, worum wir uns in den letzten Jahren verstärkt bemühen.
CCA: Europa bewegt sich zwischen Diversität und gemeinsamen Werten – wie kann kulturelle Bildung zur Stärkung eines gemeinsamen Fokus beitragen? Gibt es hierzu Initiativen im Land?
Dr. Petra Bohuslav: Heutzutage ist es wichtig, unsere kulturellen Wurzeln zu kennen und zu schätzen. Es ist meine Überzeugung, dass für Niederösterreich im Herzen Europas ein eigenständiges Profil mitentscheidend auf dem Weg nach vorne ist. Durch Bewahren dieser kulturellen Eigenständigkeit kann es im Dialog mit unseren europäischen Nachbarn zu einem wunderbaren Austausch und erfolgreichen Miteinander kommen.
CCA: Wo liegen aus dem Blickwinkel ihrer Praxis aktuell die interkulturellen Chancen und Herausforderungen im und für das Land?
Dr. Petra Bohuslav: Eine Plattform und eine Chance für die KünstlerInnen - und damit auch für das Land - liegen in der Arbeit der Kulturvernetzung. Die Aufgabe des Kulturvernetzungsbüros, wovon sich in jedem Viertel Niederösterreichs eines befindet, ist die Vernetzung über die Grenzen hinweg und die Errichtung einer Plattform für den Austausch der Kulturschaffenden. Diesen Vernetzungsaspekt erfüllt auch das alljährliche Viertelfestival. 25 % der Projekte im Rahmen dieses Festivals erfolgen bereits grenzüber¬schreitend. KünstlerInnen aus den Nachbarländern beschäftigen sich mit ihrer Heimat und präsentieren ihre Themen im Rahmen dieses Festivals. Hier wird das Bekenntnis zu den heimischen Wurzeln deutlich, sowie die Offenheit über den Tellerrand hinauszuschauen. Dieser interkulturelle Austausch ist das positive Ergebnis der Arbeit der Kulturvernetzer. Eine weitere wesentliche Aufgabe der Kulturvernetzung ist die regionale Unterstützung unserer heimischen KünstlerInnen vor Ort.
I: Der Kunstraum Niederösterreich in Wien entwickelte sein Programm auch in Richtung Design und zeigte Mode, Fotografie u.ä.
Dr. Petra Bohuslav: Der Kunstraum NÖ ist eine wichtige Institution, die wir verstärkt fördern. Hier bieten wir jungen zeitgenössischen KünstlerInnen eine Plattform und zugleich die Möglichkeit zu experimentieren und die eigenen Grenzen ausloten. Zudem können Sie im interkulturellen Austausch mit ausländischen Partnern zusammenzuarbeiten und Ausstellungen zu platzieren. Dies gelang uns heuer zum Beispiel in Sibiu, der Kulturhauptstadt Europas.
Im Kunstraum NÖ haben sich mehrere Schnittstellen aufgetan. Zeitgenössische Kunst beschränkt sich hier nicht nur auf Malerei oder Installationen, sondern zeigt auch Design, Multimediakunst und, wie wir unlängst in einer Veranstaltung gesehen haben, Performancekunst. Dass eine Brasilianerin heuer in diesem Metier den niederösterreichischen Nachwuchs¬preis gewonnen hat, ist ein weiteres Signal für den gelebten interkulturellen Dialog der niederösterreichischen Kulturarbeit.
I: Eine abschließende Frage, die uns in die Zukunft blicken lässt. Welche „Kultur- bzw. Kunstexporte“ aus Niederösterreich sind derzeit außerhalb der Landesgrenzen gefragt? Welche Rolle spielt hier Innovation und Experiment und wie werden diese Qualitäten im Land gefördert?
Dr. Petra Bohuslav: Für internationalen Erfolg gilt es zum einen die notwendigen Kultureinrichtungen zu schaffen und zum anderen die heimischen KünstlerInnen zu fördern, die unsere Kunst und Kultur in die Welt hinaustragen. Man könnte auch von Hardware und Software sprechen. Bei Hardware denke ich an die Kulturbauten, die wir im Eilzugstempo geschaffen haben, die internationale Strahlkraft haben. Wir legen dabei viel Wert auf eine Ausgewogenheit zwischen der Kultur am Land und urbaner Kultur. Gerade im zeitgenössischen Bereich sind in den letzten Monaten Einrichtungen entstanden, welche weit über die Grenzen hinweg für Aufmerksamkeit sorgen etwa das Forum Frohner in Krems, das Nitsch-Museum in Mistelbach oder die Kulturfabrik Hainburg. Geplant ist auch ein Arnulf Rainer Museum in Baden.
Internationales Aufsehen erlangt man jedoch nur mit der entsprechenden Software. Mit den Künstlerinnen und Künstlern, die sich zu NÖ bekennen. Beispielsweise ein Hermann Nitsch oder ein Adolf Frohner, die sich zu NÖ bekannt haben und sagen, das ist ein guter Boden des Schaffens und da möchte ich mit meinen Werke zu Hause sein. Auf der anderen Seite gehen niederösterreichische KünstlerInnen in die Welt hinaus und erlangen Ruhm und Anerkennung. Paul Rotterdam, ein in New York lebender Künstler von großem Format, bekennt sich immer wieder zu seinen niederösterreichischen Wurzeln. Diese KünstlerInnen, die in der ganzen Welt verstreut sind, werden Botschafter für unser Bundesland, auf die wir sehr stolz sind. Diese KünstlerInnen stellen ein ansprechendes Kollektiv dar. Zudem gibt es die Gastateliers, um internationale Künstler zum interkulturellen Dialog in unser Land einzuladen.
Weiters suchen wir immer wieder Partner im Ausland, wo wir unseren jungen KünstlerInnen ein Sprungbrett ins Ausland schaffen können. Unsere Philosophie dabei: Den KünstlerInnen in Niederösterreich zufriedenstellende Rahmenbedingungen schaffen und somit signalisieren, dass wir für internationale Verbindungen offen sind. Beispiele dafür sind das Gastatelier in Paliano, wo wir für drei Monate im Jahr niederösterreichischen KünstlerInnen ein Atelier in Italien bieten, um vor Ort Kontakte zu knüpfen.
CCA: Danke für das Interview
Das Interview wurde im Dezember 2007 geführt.
pb/fotocredits pb 2007