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Kultur.Diplomatie




30.09.2013  Quintessenzen Auslandskultur - Im Gespräch mit Botschafter Dr. Martin Eichtinger



Brückenarbeit und Imagewandel – KulturDiplomatMagazin sprach mit Botschafter Dr. Martin Eichtinger, Leiter der Sektion V, BMEIA, über Diplomatiegeschichte, Auslandskultur und internationalen Dialog.

 

Österreich respektive Wien ist ein Raum, an dem über viele Jahrzehnte hinweg immer wieder Diplomatiegeschichte geschrieben wurde. Schon die Feierlichkeiten eines Maskenballs anlässlich des Wiener Kongresses in Wien von 1814 wurden als Erzählungen über die Landesgrenzen getragen. Sind Mimicry und Illnix zeitgemäße Mittel der Diplomatie?

 

Wir leben heute in einer Zeit der Bilderflut und der unmittelbaren Informations-generierung und –weitergabe. Neben den klassischen Medien unserer Informationsgesellschaft, TV, Radio und Print – sowohl offline als auch online – gewinnen die Sozialen Medien, allen voran Twitter und Facebook, immer mehr an Bedeutung. Und während ursprünglich nur die Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen die Tools – und Mächtigkeit - der Neuen Medien nützten, gehören diese, nicht zuletzt aufgrund ihrer Präsenz und Rasanz, inzwischen auch zu den Instrumenten der Diplomatie. Ich denke, dass heute die Gefahr für Täuschungen und Verzerrungen der Wirklichkeit oft im extrem raschen Tempo liegt, in dem Informationen, Meinungen und auch Wertungen zirkulieren.

 

Auslandskultur trägt auch immer die Gesichter und Bilder eines Landes in die Welt. Das Image von „Sound of Music“ haftete Österreich lange durch den kommerziellen Erfolg dieses Musicals an. Österreich fördert hingegen unterschiedlichste historische und zeitgenössische Formen von Musik und Soundart. Ist in der internationalen Außenwahrnehmung Besserung in Sicht?

 

Ich denke, wir sind da auf einem wirklich guten Weg. Eines der erklärten Ziele der Österreichischen Auslandskultur ist, „unsere Geschichten zu erzählen“, d.h. wir wollen dem kreativen Österreich den Zugang zum internationalen Kulturdialog eröffnen. Indem wir dabei ganz bewusst und konsequent den Schwerpunkt auf die Vermittlung des Zeitgenössischen setzen, und das schon seit vielen Jahren, haben wir unseren Teil dazu beigetragen, dass sich z.B. international ein wesentlich differenzierteres Bild vom Musikland Österreich entwickeln konnte. Dazu möchte ich auf das seit dem Jahr 2002 bestehende Unterstützungsprogramm des BMEIA für junge Musikerinnen und Musiker „The New Austrian Sound of Music“, das ganz bewusst mit dieser klischeehaften Erwartungshaltung spielt, verweisen. Dabei werden in Zusammenarbeit mit dem Musikinformationszentrum Österreich (mica austria), der Kunstsektion im Bundeskanzleramt und heimischen Musikuniversitäten junge aufstrebende Musikerinnen und Musiker aus den Genres Klassik, Jazz, Pop, Neue Musik und Neue Volksmusik/Weltmusik - für jeweils zwei oder drei Jahre - ausgewählt und mit Hilfe des weltweiten Netzes von Botschaften, Kulturforen und Generalkonsulaten bei Auftritten im Ausland unterstützt.

 

Foto: Botschafter Dr. Martin Eichtinger bei der Eröffnung der Auslandskulturtagung 2013. Credit: Abbe Libansky

 

Jedes Jahr umfasst die Auslandskulturarbeit eine große Palette von Aktivitäten. Welche Aufgaben und Ziele sind für dieses Engagement wichtig?

 

Die Aufgaben und Ziele unserer Auslandskulturpolitik sind in unserem "Auslandskulturkonzept" vom September 2011 festgeschriebenen und formulieren die Unterstützung der österreichischen Kulturschaffenden, die Stärkung des Dialogs der Kulturen und Religionen, und den Beitrag zur größtmöglichen kulturellen Vielfalt Europas als wesentliche Ziele. Dazu benötigen wir flexible Strukturen und moderne Methoden, auf die wir in unserem weltweiten Netzwerk von 31 Kulturforen und Kooperationsbüros, 89 Botschaften und Generalkonsulaten, 63 Österreich-Bibliotheken, neun Österreich-Instituten und zwei Spezialbüros für Wissenschaft und Technologie zurückgreifen können. Als unsere Aufgaben sehen wir, den Standort Österreichs in Europa mit kulturellen Mitteln verständlich und wahrnehmbar zu machen; Österreich im wachsenden Wettbewerb um "Momente der Aufmerksamkeit" bestmöglich zu positionieren; eine offene, auf Dialog, internationalen Austausch und Vernetzung basierende Kulturarbeit zu gestalten.

 

Walzertanzende Gesandte, die das höfische Zeremoniell aufweichen, waren im 19. Jahrhundert eine kleine Revolution am diplomatischen Parkett. Heutige Kulturdiplomatie beschreitet viele Wege. Inwiefern spielen kulturelle Projekte eine Rolle in der diplomatischen Zusammenarbeit mit anderen Ländern?

 

Kulturelle Projekte erweisen sich sehr oft als wunderbare Brücken zwischen kulturellen Welten, die, sind sie erst einmal beschritten, eine neue Dimension des Verstehens eröffnen können. Sie erleichtern das Kennenlernen der gegenseitigen Identitäten und Welten und sind in der Lage Kanäle frei zu machen, über die in weiterer Folge Worte und Gedanken transportiert werden können. Dabei spielt der Dialog der Kulturen in der heutigen Zeit eine immer größere Rolle, wenn es um Fragen wie Konfliktverhütung und Post-Konflikt-Management geht, oder auch um die der Integration in Gesellschaften, die durch eine wachsende Diversität geprägt sind.

 

Foto: Österreichisches Außenministerium am Minoritenplatz 8, Wien. Credit: Peter Gugerell. Über Wikipedia (cc)

 

Gibt es Schnittpunkte zur Arbeit mit der Vereinigung europäischer Kulturinstitute, respektive EUNIC Austria?

 

Österreich gehört zu den Gründungsvätern von EUNIC, dem 2006 ins Leben gerufenen Netzwerk der nationalen Kulturinstitute der europäischen Union. Botschafter Emil Brix, meinem Vorgänger als Leiter der Kultursektion - und zweitem EUNIC-Präsidenten -, gelang es, das Netzwerk rasch zu verbreitern. Mittlerweile sind 32 Kultureinrichtungen aus 27 EU-Mitgliedsstaaten EUNIC-Mitglieder. Weltweit gibt es aktuell über 89 sogenannte lokale „Cluster“, in denen auf das jeweilige Gastland abgestimmte Strategien und Projekte, die sowohl die gemeinsamen Werte als auch die kulturelle Vielfalt Europas vermitteln, entwickelt und umgesetzt werden. In diesen „Clustern“, in denen mindestens drei EUNIC-Mitglieder vertreten sein müssen, arbeitet Österreich aktiv mit, in vielen Fällen an vorderster Front als PräsidentInnen oder Vize-PräsidentInnen. Die Kooperation in einem EUNIC-Cluster schafft wirksame Netzwerke und erhöht die Visibilität der europäischen Kulturarbeit vor Ort.

 

Lassen Sie mich dazu ein ganz konkretes Beispiel nennen, und zwar „Transpoesie“ des „EUNIC Clusters Brüssel“, das während der einjährigen Cluster-Präsidentschaft des Österreichischen Kulturforums Brüssel im September 2011 erstmalig stattfand. Ziel dieses Projektes ist es, in der EU-Hauptstadt Brüssel auf Mehrsprachigkeit aufmerksam und diese im Alltag erlebbar und wahrnehmbar zu machen. Für die Dauer eines Monats werden Gedichte in bis zu 30 verschiedenen Sprachen auf Plakatwänden, Werbeflächen, in U-Bahnen, Straßenbahnen, Bussen und an Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel präsentiert. „Transpoesie“ steht jedes Jahr unter einem anderen Motto, das sich am jeweiligen Motto des Europäischen Jahres orientiert. 2013, dem Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger, wurde das Motto „Engagement“ gewählt und aus Österreich die junge Rapperin, Slampoetin und Autorin Yasmin Hafedh eingeladen.

 

 

2014 birgt einige Gedenktage, die für das europäische Geschichtsbewusstsein von Bedeutung sind. Vor allem der 100. Jahrestag des Ausbruchs des 1. Weltkriegs drängt schon seit Jahresanfang in die Öffentlichkeit. Gibt es Initiativen der kulturpolitischen Abteilung des BMEIA?

 

Bei den zahlreichen Gedenktagen des Jahres 2014 liegt der Fokus des BMEIA auf dem Gedenken an den Ausbruch des 1. Weltkriegs. Dabei soll weniger die Pflege von Stereotypen und Denkmälern im Vordergrund stehen als vielmehr das Bekenntnis zu einer vorwärts gerichteten pro-europäischen Haltung. Damit lässt sich das Gedenken an den Ausbruch des 1. Weltkriegs, wie ich denke, auch recht gut mit dem Gedenken an die anderen wichtigen Ereignisse verbinden. Bereits 2013 hat eine Gruppe bedeutender österreichischer HistorikerInnen im Auftrag des BMEIA und fünf anderer Ressorts ein Grundlagenpapier ausgearbeitet, das Grundzüge einer österreichischen Betrachtungsweise zum 1. Weltkrieg, inklusive der Frage der Kriegsschuld, beinhaltet. Des Weiteren hat das BMEIA eine Liste von ReferentInnen erstellt, die von den Botschaften und Kulturforen zu Vorträgen zu verschiedenen historischen Forschungsschwerpunkten eingeladen werden können. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die am 3. Juni in Wien stattfindende Außenministerkonferenz der Westbalkan-staaten zum gemeinsamen Gedenken an den Ausbruch des 1. Weltkriegs und die besondere Bedeutung des Westbalkans hinweisen. Im Zentrum steht dabei die Beitrittsperspektive der Westbalkanstaaten zur EU, dem Friedens-projekt schlechthin in Europa seit dem 2. Weltkrieg.

 

Im Ausland stellen die ca. 150 Veranstaltungen mit Bezug auf den Ausbruch des 1. Weltkriegs einen Schwerpunkt der Kulturprogramme der Österreichischen Botschaften und Kulturforen dar. Die DVD-Wanderausstellung „Bewegte Ruhe vor dem Sturm – Die Zeit vor 1914“ über wichtige Strömungen in Österreich vor dem 1. Weltkrieg, wird an zahlreichen Österreichischen Botschaften und Kulturforen zu sehen sein.

 

Neben diesem Schwerpunkt sind aber auch Veranstaltungen zu den anderen Gedenktagen geplant. So werden wir zum Beispiel am 27. Juni an dem Ort, an dem vor 25 Jahren der Eiserne Vorhang zwischen Österreich und Ungarn durchtrennt wurde, eine Veranstaltung für Jugendliche aus Österreich, Ungarn und der Slowakei organisieren. Ein weiteres Gedenken an den Fall des Eisernen Vorhangs ist Ende des Jahres mit der Tschechischen Republik geplant.

  

  

Das Interview erschien in der dritten Ausgabe des KulturDiplomatMagazins (2014).

 

 

Netzwerk der Auslandskultur

Die Auslandskulturpolitik wird konzeptiv und organisatorisch vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres gestaltet.

Österreich verfügt derzeit über ein Netzwerk von insgesamt 31 Österreichischen Kulturforen in z.B. Belgrad, Berlin, Bern, Budapest, Bukarest, Brüssel, Istanbul, Kairo, Kiew, Krakau, Laibach, London, Madrid, Mailand, Mexiko, Moskau, New Delhi, New York, Ottawa, Paris, Peking, Prag, Pressburg, Rom, Teheran, Tel Aviv, Tokio, Warschau, Washington, Zagreb. Einmal jährlich veranstaltet das BMEIA die Auslandskulturtagung in Wien.

 

BMEIA

 

Auslandskulturtagung 2013

 

 

          

 

 

     

 

 





 

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