Das Al Quds College of Music ist die erste palästinensische Musikhochschule im Zentrum Jerusalems. Die Hochschule unter der Leitung der österreichischen Kulturmanagerin Petra R. Klose setzt der gespannten politischen Lage und dem schwierigen Alltag der Bevölkerung eine kraftvolle Vision entgegen.
Der jahrzehntelange Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hat sich tief in das gegenseitige Verhältnis eingeschrieben. Das Misstrauen findet seinen vielleicht deutlichsten Ausdruck in der mittlerweile etwa 500km langen Mauer zwischen Israel und dem Westjordanland, die der Verhinderung von Attentaten auf israelischer Seite dienen soll. Zwischen Ostjerusalem, wo mehrheitlich Palästinenser leben, und den anderen Teilen der Stadt verlaufen die Grenzen hingegen oftmals in den Köpfen.
Die erste palästinensische Musikhochschule im Zentrum Jerusalems, das Al Quds College of Music, setzt der gespannten politischen Lage und dem schwierigen Alltag der Bevölkerung eine eigene Vision entgegen – Perspektiven für junge Musiker aus Jerusalem und den Palästinensergebieten zu schaffen und den internationalen künstlerischen und akademischen Austausch anzuregen.
Junge Talente absolvieren an der 2011 gegründeten Musikhochschule eine fundierte musikalische Grundausbildung und können erstmals einen international anerkannten Abschluss musikalischer Studien in Palästina erlangen. In das Projekt involviert sind neben palästinensischen Musikschulen in Jerusalem, auch Musikschulen in Bethlehem, Ramallah und Jericho. Da vielen Studenten aus dem Westjordanland für gewöhnlich der Zutritt nach Jerusalem untersagt bleibt, reisen die Professoren neben ihrer Tätigkeit in Jerusalem kontinuierlich in die Westbank.
Credit:
Al Qouds College of Music. Bezogen von Mona Aipperspach.
Sozialer Wandel in Ostjerusalem
„Die Musik hat hier die einzigartige Kraft, Grenzen zu überwinden und gleichzeitig Ausdrucksmittel für junge talentierte Menschen zu sein, deren Alltag ansonsten von Ausweglosigkeit und Aggressionen geprägt ist.“, so Petra R. Klose. Die österreichische Kulturmanagerin leitet die Musikhochschule.
Das Al Quds College of Music ist Teil der Al Quds University, der einzigen arabischen Universität Jerusalems, die sich weit über rein akademische Belange hinaus in Ostjerusalem engagiert. Die Universität tritt für einen positiven sozialen Wandel ein und möchte die Zivilgesellschaft stärken. Zu diesem Zweck werden u.a. Alphabetisierungskurse für Frauen und kulturelle Aktivitäten für Schulkinder organisiert, während die Musikhochschule die Altstadt durch Konzerte und musikalische Events beleben will. Da sich mit der Klagemauer, der Grabeskirche und der Al-Aqsa-Moschee drei der wichtigsten religiösen Stätten von Judentum, Christentum und Islam in Ostjerusalem befinden, sind Diskussionen um den politischen Status des Viertels entsprechend heikel und ein zentraler Punkt in Verhandlungen um die Beilegung des Nahostkonflikts zwischen Israelis und Palästinensern.
Vielseitige Ausbildung und hochkarätiges Programm
Am Al Quds College of Music legt man Wert auf die Weitergabe und Neuinterpretation traditioneller orientalischer und palästinensischer Musik. Im Rahmen des Curriculums kann eine Ausbildung an den traditionellen Instrumenten Oud (Kurzhalslaute), Nay (orientalische Flöte) und Kanun (Zither) absolviert werden.
Um die akademische Infrastruktur Palästinas zu verbessern, wurde zudem mit dem Aufbau der ersten Musikbibliothek für die Region begonnen, die als Archiv und Bestandsbibliothek für Noten und musikalisch relevantes Wissen aller Art dienen soll. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Vernetzung mit internationalen Musikinstitutionen und Universitäten. Derzeit bestehen in diesem Bereich Partnerschaften mit Österreich, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Tschechien und den USA. 2012 wurde die Konzertreihe Awtar Al Quds (Strings of Jerusalem)ins Leben gerufen, die hochkarätige lokale und internationale Künstler auf Bühnen in Jerusalem, Betlehem, Abu Dies und Ramallah bringt.
Credit: Al Qouds College of Music. Bezogen von Mona Aipperspach.
Im Rahmen des vielseitigen und durchaus anspruchsvollen Programms waren bereits die ein oder anderen österreichischen Talente zu Gast. So präsentierte der Klarinettist Andreas Schablas bei der zweiten Auflage des UNESCO International Jazz Day in Jerusalem Jazzvariationen zu Stravinsky, Widmann und Berio im atemberaubenden Ambiente des Patriarch’s Pool im Herzen der Altstadt. 2013 gewann Komponist Stefan Heckel den Al Quds Composition Award für zeitgenössische Komposition. Die Pianistin Marialena Fernandes, Professorin für Kammermusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, und ihr Duo-Partner Ranko Markovic, Leiter der Konservatorium Wien Privatuniversität, gastierten mit Werken und Arrangements von Gustav Mahler, Alfredo Casella, Anton Bruckner und Sergej Rachmaninov. Die junge österreichische Mezzo-Sopranistin Amira Elmadfa debütierte mit dem Liederzyklus "Dichterliebe" in Jerusalem und Ramallah. Das neue akademische Jahr startet diesen Herbst mit einem Projekt unter der Leitung der Wiener Choreographin Rosita Steinhauser.
Credit: Al Qouds College of Music. Bezogen von Mona Aipperspach.
Beitrag von Christine Maass
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Al Quds College of Music
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